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Gegenwert oder gegen Wertmaßstäbe?

Impuls MCC Köln, Ines-Paul Baumann
6. August 2023

Matthäusevangelium 13,44-46

(Höre heute mal weniger mit dem Kopf zu im Sinne von Überlegen nach „richtig“/“falsch“. Auslegungen zum heutigen Predigttext können in unterschiedliche Richtungen gehen. Höre eher in dich hinein: Was lösen diese unterschiedlichen Auslegungen jeweils in dir aus? Was spricht dich an, was berührt dich? Und wie könnten diese Regungen für dich aufschlussreich sein in Bezug auf etwas, was sich darin zeigt als Thema, als Anliegen, als Frage, als Sehnsucht, als Antrieb, als Hoffnung, als Glaubenserleben?)

Vorbemerkungen zum Wort „Himmelreich“:

„Im Kontrast zu irdischer Monarchie steht die Rede von der Königsherrschaft Gottes. (…) Um (…) verfehlten Assoziationen zu heutigen Erscheinungsformen von Monarchie vorzubeugen, wird der Begriff in der Bibel in gerechter Sprache auch mit gerechte Welt, Welt Gottes o. Ä. übersetzt.“
https://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/die-bibel/glossar/?basileia

Ich finde, der Begriff „Welt Gottes“ macht zudem erkennbarer, dass sich „Himmelreich“ nicht lediglich auf etwas Überirdisches, Nebenirdisches, Unterirdisches, Unirdisches oder Antiirdisches bezieht – sondern auf etwas, das auf einen Deutungs- und Erfahrungsraum auch INNERHALB dieser irdischen Welt gerichtet ist (UND darüber hinausweist).

Text

Wie geht es dir beim Hören der folgenden Verse? Was bringst du mit an Vorwissen? Was ist der Hintergrund, auf den sich dein Verständnis und dein Reagieren gründet?

44 Die °Welt Gottes ist mit einem Schatz zu vergleichen, der im Acker versteckt war. Jemand fand den Schatz, versteckte ihn und geht voll Freude los, verkauft alle Habe und kauft jenen Acker.
45 Die °gerechte Welt Gottes ist auch einer Person zu vergleichen, die Handel treibt und auf der Suche nach schönen Perlen ist. 46 Als sie eine kostbare Perle fand, ging sie los, verkaufte alle Habe und kaufte sie.

Matthäusevangelium 13,44-46
https://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/die-bibel/bigs-online/?Mt/13/44-46/

Impuls

Auslegungen zum heutigen Predigttext können in unterschiedliche Richtungen gehen; hier vier Beispiele dazu. Wie gesagt: Acht mal vor allem darauf, was sie in dir auslösen.

1.

Diejenigen, die den Acker mit dem Schatz bzw. die Perle finden, sind Menschen, und die Welt Gottes ist das, was sie finden, z.B. über ihren Glauben oder in Christus.

  • In beiden Gleichnissen geben die Menschen im Tausch dafür alles her, was sie haben. Über die Menge davon ist nichts gesagt – ob es viel oder wenig ist, ist nicht die Frage. Es ist nur gesagt, dass sie ALLES davon einsetzen, um den Acker mit dem Schatz bzw. die Perle zu bekommen. Es geht nicht darum, ob Menschen viel oder wenig haben, bzw. ob sie GENUG haben, um es herzugeben für das, was sie gefunden haben: Was du einsetzen (oder loslassen) kannst/musst, ist in seiner Gesamtheit IMMER GENUG.
  • Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden sich diese Gleichnisse innerhalb einer kapitalistischen Logik abspielen: Das Erstrebte gibt es nur im Tauschhandel. Verkauf gegen Kauf. In beiden Fällen ist es allerdings auch so, dass diese kapitalistische Logik damit an ihre Ende kommt. Der Mensch kauft den Acker mit dem Schatz ja genau nicht, um sich anschließend alles, was er für den Acker VERKAUFT hat, von dem Schatz im Acker wieder NEU zu kaufen. Er will den Schatz an sich, nicht das, was er sich von Schatz kaufen könnte. Genau so die Perle: Der Wert der Perle liegt in ihrer Schönheit, nicht in dem Gegenwert, den sie zum Erwerb anderer Sachen darstellt. Die Währung zum Erwerb entspricht zwar in beiden Fällen dem, wo sich alle über den Wert einig sind – aber das geben beide komplett her, um stattdessen etwas zu haben, wo nur sie selbst den Wert für sich darin sehen. Das Objekt der Erfüllung steht der kapitalistischen Logik und Verwertbarkeit nicht mehr zur Verfügung, sobald sie es innehaben. Vielleicht war das damit gemeint, dass sie ALLES dafür hergegeben haben: Es gibt gar keinen Maßstab, mit dem sich der Wert messen ließe von dem, was sie da gefunden haben. (Der Tauschhandel bezog sich also nicht auf „diese Sachen gegen jene Sachen“, sondern: Was ausgetauscht wurde, war der Maßstab dafür, was wertvoll ist – WORAN MISST sich ein Wert, und in welchem Lebensbereich?)

2.

Die Gleichnisse können auch andersherum ausgelegt werden: Wir Menschen sind nicht diejenigen, die handeln, sondern diejenigen, denen dieses Handeln gilt.

Die beiden Gleichnisse sind eingerahmt von anderen Gleichnissen zur Welt Gottes. In denen sind ebenfalls immer Gott oder Christus die Handelnden; warum sollte es hier anders sein.

Es gibt schon im Neuen Testament selbst durchaus oft die Interpretation, dass Gott alles hergegeben hat, um den Menschen auf Erden nahe sein zu können.

  • Dann ist es z.B. Christus, der den Acker mit dem Schatz findet: Christus sieht in dir einen Schatz, wo andere nur einen Acker sehen.
  • Bei so vielen Gleichnissen für das Himmelreich und für den Weg dahin: Wie kann das dann für alle gleich sein sollen??

3.

Vielleicht dienten die beiden Gleichnisse in der damaligen Zeit auch einfach als Erklärung dafür, warum Anhänger_innen Jesu so oft Leute waren, die an weltlichen Reichtümern wenig vorzuweisen hatten (ganz materiell, aber auch in Bezug auf Bildung, Macht, Status, …).

  • Wenn der Gegensatz weltliche Werte vs. himmlische Werte das Thema ist: Dann ließe sich ggf. bis heute daraus lesen, dass eine Orientierung am Evangelium und eine Orientierung an materiellem (und anderen) Reichtum nicht zusammengehen. Sie widersprechen sich, sie schließen einander aus. Das eine ist mit dem anderen nicht zu haben. Bzw: Der Wert des einen ist mit den Werten des anderen nicht zu bemessen.

4.

Was im Text überhaupt nicht aufgezeigt wird: Wie wurde eigentlich erkannt, dass genau dieser Acker genau den Schatz birgt, der genau alle Sehnsucht stillen würde? Woran ließ sich erkennen, dass es genau diese Perle ist, die das Suchen beendet?

Der Fund der Perle war wenigstens das Ergebnis einer bewussten Suche. Der Fund vom Schatz im Acker sieht hingegen wie ein Zufallsfund aus.

  • Vielleicht entzieht sich die Welt Gottes nicht nur allen irdischen Maßstäben von Wert und Verwertbarkeit – sondern auch dem Zugriff und Zurückgreifen auf bestimmte Techniken des Suchens, Findens und Erkennens.

 

Bei welchen dieser Gedanken sind DEINE Gedanken hängengeblieben?
Wo sind deine Gefühle hingegangen?
Was für G*ttesbilder/Glaubensbezüge zeigen sich darin?
Wie geht es dir damit?
Was ergibt sich daraus? Was steht für dich an?

 

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