Zum Inhalt springen
Home | À la „sicher, vernünftig, einvernehmlich“?

À la „sicher, vernünftig, einvernehmlich“?

Impuls MCC Köln, Ines-Paul Baumann
13. August 2023

Das Buch Exodus 24,7

Lassen sich Vereinbarungen für Bezüge/Beziehungen – z.B. auch statt rechtlich, staatlich und gesellschaftlich anerkannter Zugehörigkeiten – auch auf unsere jeweiligen Glaubensbezüge beziehen? In welchen Bezugsformen lässt sich ein G*tt, nin Vereinbarungen mit Menschen sucht (oder erzwingt? oder nötig hat? oder anbietet? oder riskiert? …) denken und erleben?

Vorüberlegung

Was begründet, stabilisiert und nährt deine G*ttesbeziehung?
(Sei es als Grundlage für einen Bezug, den du zu G*tt hast, oder für einen, den du vermisst!)

  • Ist deine (erlebte oder fehlende) G*ttesbeziehung getragen von Gefühlen? Dass du Gott spüren möchtest?
  • Ist deine G*ttesbeziehung getragen von Routine, Ritualen, Gewohnheiten?
  • Ist deine G*ttesbeziehung getragen von Angst, z.B. vor Strafe im Leben oder im Jenseits?
  • Ist deine G*ttesbeziehung getragen von Hoffnung: G*tt als Grund gegen Perspektivlosigkeit, Resignation und Sachzwänge?
  • Ist deine G*ttesbeziehung getragen von Reflexion, Nachdenken, Erforschen?
  • Ist deine G*ttesbeziehung getragen von Handeln, von deinem Tun, deinen Entscheidungen?

Was an deinem G*ttesbezug erlebst du als gesund, nährend, stabilisierend?

Was an deinem G*ttesbezug erlebst du als brüchig, oder als gefährdend oder gefährdet?

Wenn du deinen G*ttesbezug festigen und reifen lassen möchtest: Was würde dabei helfen, was kannst du dafür tun (oder lassen)?

Lesung

Von Eindrücken zu Einhaltungen

G*ttesbilder und G*ttesbezüge hängen eng zusammen. Im Alten Testament ist G*tt anfangs ein Gott der Eindrücke (Geist, Rauch, Feuer, Windhauch, …). Diese ließen sich nie festhalten, waren unbeständig, gaben keine Sicherheit. Als Antwort darauf wird Gott nun aber nicht zu einer Ikone, die immer da und sichtbar und anfassbar ist – sondern Gott wird als Bündnispartner vorgestellt. Moses hat die 10 Gebote empfangen, dazu gibt es das Bundesbuch mit vielen weiteren Vereinbarungen. Nun wird das Volk gefragt, ob es diese Vereinbarungen annehmen möchte:

7 Darauf nahm er [Mose] das Buch des Bundes und verlas es vor dem Volk. Sie antworteten: Alles, was der HERR gesagt hat, wollen wir tun; und wir wollen es hören.

Das Buch Exodus 24,7 (Einheitsübersetzung 2016)
https://www.bibleserver.com/EU/2.Mose24

Zitat

Das Buch Exodus erzählt die Geschichte des Augenblicks am Sinai, als das Volk – sogar inmitten seiner Rebellionen und Kämpfe – aufgefordert wurde, den Bund mit Gott und die Gesetze, die Mose als Gottes Gesandter verkündete, anzunehmen. In diesem Moment gibt das Volk eine eigentümliche Erklärung seiner Zustimmung ab. Es sagt wörtlich: „na ‚aseh v ’nishmah“, wir werden tun und wir werden hören (24,7). Nach dem gesunden Menschenverstand müsste die Wortfolge natürlich umgekehrt sein; sie müssen hören, bevor sie tun. Die Übersetzer haben auf dieses Problem in der Regel mit der Behauptung reagiert, dass eine Art emphatischer Zusage gemacht wurde: „Wir werden treu tun“. Die Bibelwissenschaftlerin Avivah Zornberg (2001: 308) interpretiert die Formulierung jedoch anders. „Wir werden tun und dann hören“ bedeutet, dass wir über die bloße Einhaltung der Gesetze hinaus offen sind für neue Dimensionen des Verstehens und des weiteren Wachstums. Diese Auslegung lässt Raum für sich ständig verändernde Interpretationen und Wege, die Tora zu betrachten und zu tun.

Dies ist eine sehr wichtige Dimension für ein schwules Verständnis dieses Textes. Translesbischwule religiöse Menschen müssen davon ausgehen, dass sich alte Traditionen und Gesetze ständig weiterentwickeln und dass wir immer offen für neue Möglichkeiten sein müssen. Wir sind nicht auf die Art und Weise begrenzt, wie das Gesetz zu einem bestimmten Zeitpunkt geschrieben ist, sondern uns ist bewusst, dass sich die Dinge immer weiterentwickeln und verändern. Der Moment am Sinai liefert eine Blaupause dafür, wie wir mit zukünftigen Möglichkeiten umgehen sollen, und macht uns bewusst, dass wir zwar nicht im Voraus wissen, welche das sind, aber dass wir offen bleiben und bereit sein müssen, zuzuhören.

Es gibt auch eine translesbischwule Perspektive auf die Bedeutung des Bundes. Da unsere Lebensverpflichtungen einander gegenüber nicht durch das Gesetz sanktioniert sind, müssen wir die Verantwortung übernehmen, verbindliche Verbindungen ohne gesellschaftliche Sanktionierung einzugehen. Das ist zwar beschwerlich, aber es gibt uns auch eine Perspektive für das Eingehen von Bündnissen, die andere für selbstverständlich halten, weil ihre Bündnisse das Gewicht des Gesetzes haben. Damit translesbischwule Menschen Verpflichtungen eingehen können, müssen wir uns der Kraft der Bindung, die wir eingehen, bewusster bleiben, und das Echo der Erfahrung des Bundes am Sinai, ein heiliges Volk zu werden, ist uns stets gegenwärtig.

Basisübersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Rebecca Alpert in: „The Queer Bible Commentary“,
hrsg. Deryn Guest, Robert Goss, Mona West, Thomas Bohache
SCM Press 2016, Seite 68

 

Aspekte

1. Das optionale Nein

Viele Anteile in dem Bundesbuch lassen darauf schließen, dass damalige Vasallenverträge als Vorlage galten. Wenn nun Gott statt eines Vasallen an die Stelle des Bündnispartners tritt, ist dem Vasallen eine Absage erteilt.

Auch im Bund mit Gott sind die beteiligten Parteien natürlich nicht gleichwertig. Trotzdem, Gott bindet die Menschen hier mit ein (und zwar sie selbst direkt, nicht über Moses oder einen Priester o.ä.). Sie hätten Nein sagen können! Und dann? (Wäre Gott dann noch ihr Gott gewesen? In welcher Form?)

2. Exklusivität und andere Verhandlungsfragen: Festhalten an/durch Festlegungen

Auch in den biblischen Büchern sind Gefühle und Gefahren von Konkurrenz, Eifersucht und Unsicherheit durch das Ja zueinander nicht gebannt.

Eine Vereinbarung birgt die Gefahr, aufgekündigt werden zu können. Ein Ja ist immer wieder nötig.

Vielleicht müssen sich für dieses Ja manchmal die Vereinbarungen ändern, wenn sich Umstände oder Bedürfnisse ändern. Vielleicht gibt es irgendwann einen festeren Kern und losere Zusatzvereinbarungen; so wie aus den vielen Geboten irgendwann mal „die 10 Gebote“ wurden und bei Jesus dann nur noch das höchste Gebot herausgestellt wurde (das Dreifachgebot der Liebe zu Gott, zu sich selbst und zu den Nächsten). Welche Kernvereinbarungen sind nötig, welche angemessen, welche wandelbar, welche überflüssig?

Wo bedingt das Ja zueinander ein Nein zu anderen, wo nicht? (Das Aufheben der Exklusivität Israels in der Gottesbeziehung wird einer der wichtigsten Streitpunkte im Neuen Testament werden!)

Wie kann eine Beziehung wirklich abgesichert werden durch Regeln und Vereinbarung; wo ist das Ja zueinander und zu den Vereinbarungen ausreichend; wie kann Anerkennung gelingen und stabil sein ohne die Absicherung durch Institutionen? Und was wäre eine Absicherung durch Institutionen, wenn der innere Bezug fehlt? (In der Bibel wird es später genau darum gehen, „das Gesetz in das Herz der Menschen“ zu schreiben….)

3. Stabilisierung von (oder statt?) Gefühlen

Unsere Gefühle kommen und gehen, Gottes Liebe bleibt, sagte C.S. Lewis.

Wie geht es dir mit dem Gedanken, deinen G*ttesbezug auf der Basis von Vereinbarungen zu gestalten?
Was wären Vorteile, was wären Nachteile gegenüber Bezügen, die z.B. auf Gefühlen basieren, auf Eindrücken („Offenbarungen“) oder auf von außen gestalteten Anerkennungen (z.B. in Form von Mitgliedschaften, Ämtern, …)?
Was davon könnten konstruktive Aspekte für deine G*ttesbeziehung sein, was nicht? Warum?

Quellen & Weiterlesen

 

Skip to content