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Meditative Betrachtung über Lebendigkeit, Eingebundensein und Entwicklungen

Andacht MCC Köln, Ines-Paul Baumann
14. Mai 2023

Am heutigen Muttertag laden wir zu einer meditativen Betrachtung in drei Schritten ein: (1) zu Quellen unserer Lebendigkeit, (2) zu unseren gegenwärtigen An- und Einbindungen, (3) zu Wirkungen und Auswirkungen.
In jedem Schritt gibt es zuerst ein paar biblisch-christliche Impulse und anschließend ein paar Fragen dazu. Bei den Fragen geht es nicht darum, auf alles ein klare, intellektuelle Antwort zu formulieren. Die Fragen sind eher als Anstöße gedacht: Schau, was in dir auftaucht. Welche Themen zeigen sich? Wo zieht es deine Gedanken und Gefühle hin? Was möchte G*tt heute vielleicht in dir anrühren, dir vergegenwärtigen, mit dir angehen? Was möchtest du heute G*tt vorlegen oder hinlegen?

„Wir sind Teil eines fortwährenden Gesprächs über Glaubensleben und Glaube, geformt durch die Schrift und die historischen Bekenntnisse, und wir bauen auf denen auf, die vor uns gewesen sind“, heißt es beim Glaubensbekenntnis des UFMCC-Weltbundes. Paulus greift in diesem Zusammenhang gerne mal zu Formulierungen eines Eltern-Kind-Verhältnisses, z.B. an diesen Stellen:

(Paulus an die Gemeinde in Korinth:)
Denn wenn ihr auch zehntausend Erzieher hättet in Christus, so habt ihr doch nicht viele Väter; denn ich habe euch gezeugt in Christus Jesus durch das Evangelium.

1. Korintherbrief 4,15

(Paulus an die Galatergemeinde:)
Meine Kinder, die ich abermals unter Wehen gebäre, bis Christus in euch Gestalt gewinne!

Galaterbrief 4,19

1) Quellen deiner Lebendigkeit

Ausgangspunkt für den ersten Schritt sind Mütter* als Personen, die gebären. Hier geht es also um Fragen von „Elternschaft“ bzw. Nachkommenschaft:

  • „Generativität in Christus ist nicht auf diejenigen beschränkt, die leiblich generativ sind“, schreibt Susannah Cornwall in ihrem Buch „Un/Familiar Theology – Reconceiving Sex, Reproduction and Generativity“ (S. 20).
    Für den „Kirchenvater“ (!) Augustinus ist es sogar wichtiger, Nachfahren „im Glauben zu zeugen“ als leiblichen Nachwuchs zu zeugen (S. 20).
  • Susannah Cornwall bezieht das auch auf uns als Abkömmlinge der Kultur, in der wir leben: Auch hier sind wir quasi Kinder unserer Umwelt, Geschichte und Einflüsse, werden darin aber auch selber zu Eltern und Großeltern dessen, was mit und durch uns weitergetragen wird. (S. 95)
  • Zudem gibt es ja noch die christliche Idee der „Wiedergeburt im Geist“ (= nicht nach dem Tod, sondern inmitten unseres Lebens: Quasi kommt als Ergänzung zu unserer leiblichen Geburt in die leibliche Welt die geistliche Geburt in Gottes Welt hinzu): „Wir sind wiedergeboren; es geht um Neuanfänge, die auch tief mit unserer Genealogie verbunden sind; einer Genealogie nicht nur des Blutes, sondern auch des Geistes, so dass unsere Vorfahren alle sind, die vor uns gekommen sind, und unsere Nachkommen alle, die nach uns kommen, nicht weil sie unsere biologische Verwandtschaft sind, sondern weil sie unsere menschliche und mehr-als-menschliche Welt teilen.“ (S. 177)

Wer/was hat dazu beigetragen, dich hervorzubringen?
Wer/was hat dazu beigetragen, dich lebendig zu machen?
(Personen, Bücher, Musik, Erfahrungen, Impulse, aus der Gegenwart oder aus der Geschichte, …)

[Stille]

2) Deine gegenwärtige An- und Einbindung

Ausgangspunkt für den zweiten Schritt sind Mütter* als Personen, die Familien gründen. Hier geht es also um Fragen der Konstitution von Gemeinschaften z.B. als Familien, Wahlfamilien, Gemeindefamilien …:

  • Jesus selbst hat sein Familienverständnis von leiblichen Verwandtschaftsverhältnissen losgesagt. Sinngemäß ist von ihm überliefert: „Meine Familie sind nicht meine leiblichen Verwandten, sondern diejenigen, mit denen ich gemeinsame Werte teile und wir deswegen unser Leben miteinander teilen.“ Für ihn bestand diese gemeinsame Mitte darin, auf Gottes Wort zu hören und danach zu handeln (Lukasevangelium 8,19-21 u.a.).
  • Wer da nicht mitmachen wollte, wurde zu nichts gezwungen, war aber eben nicht dabei.
  • Wer nicht den gemeinsamen Grundlagen entsprechend agierte, wurde darauf angesprochen. Die Gemeinschaft war also keineswegs nur für solche, die „immer alles richtig machen“, aber sehr wohl nur für solche, die bereit waren, an sich zu arbeiten.

Wen erlebst oder wünschst du dir als Familie, Wahlfamilie, Gemeindefamilie, …?

[Stille]

Wo sind deine Grenzen im Umgang mit denen, die darin deine Lebendigkeit oder die anderer einschränken (oder gar verhindern, dass du dabei sein willst und kannst)?

[Stille]

3) Wirkungen und Auswirkungen deines Da(bei)seins

Ausgangspunkt für den dritten Schritt sind Mütter* als Personen, die uns hervorgebracht haben, die wir wiederum nun selbst etwas hervorbringen. Hier geht es also darum, dass die Welt Spuren in uns hinterlässt, und dass auch wir Spuren in der Welt hinterlassen. Die Welt macht etwas mit uns, aber auch unser (Nicht-)Tun macht etwas mit der Welt:

  • Für Susannah Cornwall (S. 178) kann Gott gar nicht anders als Quelle von Leben zu sein (so wie die Sonne nicht anders kann als zu scheinen). Und Menschen als Ebenbilder Gottes können ebenfalls nicht anders als selbst „generativ zu wirken“ und „Dynamismus auszuüben“.
    (Dynamismus meint: „[3] (…) Kraft, die auf Veränderung und/oder Entwicklung gerichtet ist [4] Handlung, die von Tatkraft (Dynamik) zeugt“ https://de.wiktionary.org/wiki/Dynamismus)
  • Bestehendes bleibt nie einfach erhalten, sondern unterliegt Veränderungen und Prozessen: „Als kulturelle Geschöpfe sind wir nicht dazu verdammt, nur den Mantel überzuziehen, den wir empfangen haben“ (S. 179)
  • Für unser Erzeugen von Spuren, die wir durch unser (Nicht-)Tun hinterlassen, gilt dasselbe wie für das Zeugen von leiblichen Nachkommen: Kein Mensch vollzieht das einzig und allein aus sich heraus. Auch Kinder großziehen geschieht nicht abgeschieden von der Welt. Die Gemeinschaften, innerhalb derer wir uns bewegen, sind maßgeblich auch dafür, wie und was wir unserer Welt mitgeben oder vorenthalten (beides hat Auswirkungen).

Was soll anders sein dadurch, dass du irgendwo bist? Was verändert sich dadurch, dass du da bist?

[Stille]

Wen/was brauchst du, damit du so (da) sein kannst? Wer/was verhilft dir auch hier zu einem präsenten Dasein und zu Lebendigkeit?

[Stille]

Und auch hier wieder: was soll mit den Menschen und Umständen passieren, die dich von dieser Lebendigkeit abhalten, dabei zu sein und dich einbringen zu können?

[Stille]

Nun trete innerlich nochmal einen Schritt zurück. Welche Themen haben sich bei dir gezeigt? Was ist aufgetaucht? Was hat G*tt dir ans Herz gelegt, oder was möchtest du nun vor G*tt legen?

[Stille]

G*tt stärke, was dich gedeihen lässt.
G*tt schütze, was dich lebendig macht.
G*tt schenke dir, was für dich heilsam ist.
G*tt schaue darauf, was du freigibst.

 

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