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Über ein vielleicht intersexuelles Kind in einer gegen die Erwartungen gegründeten Wahlfamilie. (Heilig Abend)

Predigt MCC Köln, 24. Dez. 2013
Ines-Paul Baumann

(Ein Krippenspiel zur Weihnachtsgeschichte in Lk 1,5 – 2,20)

Besuch: Guten Tag. Ich komme vom Besuchsdienst „Kinder willkommen in Bethlehem“. Ein paar Hirten haben erzählt, dass hier ein Kind geboren wurde. Darf ich eintreten?

Maria: Aber gerne. Kommen Sie rein.

Besuch: Danke schön. Mein Name ist Gutshoff-Hauseschmitz. Wie heißen Sie?

Maria: Maria.

Besuch: Hallo Maria. (blickt in die Krippe) Was für ein niedliches Baby! Junge oder Mädchen?

Maria: Naja, es sieht aus wie ein Junge. Alles dran, verstehen Sie?

Besuch: Na das ist doch wunderbar! (zückt Stift und Notizblock, als wolle sie Notizen machen)

Maria: Aber von der offiziellen Version her dürfte es wohl nur weibliche Chromosomen haben. XX. Verstehen Sie?

Besuch: Also, Sie meinen, das Kind hat weibliche Chromosomen und männliche Genitalien? Wie kommen Sie darauf, dass es ausschließlich weibliche Chromosomen hat?

Maria: Bei der Zeugung war kein Mann beteiligt.

Besuch: Sie meinen, Sie wissen nicht, wer der Vater des Kindes ist? Das ist nicht schlimm, das kommt öfter vor als Sie denken.

Maria: Nein, ich weiß, wer das Kind gezeugt hat.

Besuch: Also möchte der Vater des Kindes unbekannt bleiben?

Maria: Nein, –

Besuch: Oder haben Sie den Mann nur gebraucht, damit er Ihr Kind zeugt, und möchten ansonsten gar nichts mit ihm zu tun haben?

Maria: Nein –

Besuch: Mit wem möchten Sie das Kind denn großziehen?

Maria: Mit Josef.

Besuch: Ist Josef Ihr Ehemann?

Maria: Nein, wir sind noch nicht verheiratet, –

Besuch: Aber er ist der Vater des Kindes, und Sie müssen das geheim halten, weil Sie mit zusammengekommen sind, ohne dass Sie verheiratet waren?

Maria: Nein –

Besuch: Gut, ich fasse Ihre bisherigen Aussagen mal zusammen: Sie wollen das Kind mit einem Mann großziehen, mit dem Sie nicht verheiratet sind; der Vater des Kindes ist unbekannt; und das Geschlecht Ihres Kindes ist, sagen wir mal, mehrdeutig. Richtig?

Maria: Nicht ganz. Also, das Kind ist von Gott.

Besuch: Ja sicher, Schätzchen. Jedes Kind ist von Gott. Und Josef nimmt Ihnen diese Geschichte ab?

Maria: Josef hat ein gutes Herz.

Besuch: Richtig, mit der Story hätte er Sie auch fallen lassen können. Wirklich nicht selbstverständlich, dass er Sie unterstützt. Freut mich für Sie! Wie sehen Ihre Pläne denn aus? Holt er Sie bald raus aus dem Loch hier? Das ist doch sicher nur vorübergehend, wie Sie hier hausen müssen.

Maria: Wir sind nur wegen der Volkszählung hierhergekommen. Wir wollen so bald wie möglich wieder zurück in unsere Heimat.

Besuch: Ach so, Sie sind gar nicht von hier? Dann bin ich ja gar nicht zuständig für Sie! Dann haben Sie kein Recht auf Unterstützung. Die ganzen Angebote müssen Sie in Ihrer Heimat beantragen.

Maria: Wovon reden Sie?

Besuch: Na, so wie es aussieht, können Sie jede Menge Unterstützung gebrauchen! Haben Sie Verwandte, die Ihnen unter die Arme greifen können?

Maria: Also, schon, ja. Als ich von meiner Schwangerschaft erfuhr, bin ich direkt zu Elisabeth. Sie ist meine Kusine. Sie war auch gerade schwanger geworden. Ihr Sohn ist auch ein Geschenk Gottes.

Besuch: Und was sagt der Mann Ihrer Kusine dazu?

Maria: Gar nichts. Er ist Priester. Die beiden sind schon sehr alt und leben Gott wohlgefällig.

Besuch: Ich dachte, Priester dürfen nicht verheiratet sein? Und seit wann gehört zu einem Gott wohlgefälligen Leben, dass die beiden auch in hohem Alter noch miteinander verkehren? Wo es da doch gar nicht mehr möglich ist, Kinder zu zeugen? Das heißt, die beiden haben einfach so verkehrt, zum Spaß?

Maria: (räuspert sich verlegen) Seien Sie mal vorsichtig, dass es Ihnen nicht so geht wie ihm.

Besuch: Was ist denn passiert?

Maria: Es hatte ihm die Sprache verschlagen. Als ich bei Elisabeth ankam, konnte er nicht reden.

Besuch: Naja, die Kommentare eines frommen Religionsführers wären vielleicht auch das letzte gewesen, was Sie in ihrer Situation gebraucht hätten!

Maria: Als ihr gemeinsames Kind dann da war, fand er seine Sprache wieder und pries Gott.

Besuch: Er pries Gott? Weiß er denn auch von Ihrer Geschichte? Sind Sie sicher, dass Ihre Art der Eheführung, des Kinderkriegens und der Frauensolidarität mit den Auffassungen Ihrer Religionsvertreter vereinbar ist?

Maria: Ein Engel hat es mir verkündigt. „Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen; dem sollst du den Namen Jesus geben.“, hat der Engel gesagt. „Er wird groß sein und wird ›Sohn des Höchsten‹ genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Stammvaters David geben. Er wird für immer über die Nachkommen Jakobs herrschen, und seine Herrschaft wird niemals aufhören.“ (Lk 1, 26ff)

Besuch: Und darauf haben Sie sich eingelassen? Schauen Sie sich doch mal um: Warum sind Sie dann hier in diesem Stall und nicht in einem Tempel oder irgendwo, wo Sie gut versorgt wären? Wenn das Ganze wirklich Gottes Plan sein sollte, warum geht dann alles so entsetzlich schief? Überlegen Sie doch mal, Sie sind doch auch nur ein ganz normaler Mensch!

Maria: Das stimmt! Ich habe auch keine anderen Worte dafür gefunden, als ein Lied darüber zu schreiben:
»Von ganzem Herzen preise ich den Herrn,
und mein Geist jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter.
Denn er hat mich, seine Dienerin, gnädig angesehen, eine geringe und unbedeutende Frau.
Ja, man wird mich glücklich preisen – jetzt und in allen kommenden Generationen.
Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan. Sein Name ist heilig,
und von Generation zu Generation gilt sein Erbarmen denen, die sich ihm unterstellen.
Mit starkem Arm hat er seine Macht bewiesen; er hat die in alle Winde zerstreut, deren Gesinnung stolz und hochmütig ist.
Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Geringen emporgehoben.
Den Hungrigen hat er ´die Hände` mit Gutem gefüllt, und die Reichen hat er mit leeren Händen fortgeschickt.
Er hat sich seines Dieners, ´des Volkes` Israel, angenommen, weil er sich an das erinnerte, was er unseren Vorfahren zugesagt hatte:
dass er nie aufhören werde, Abraham und seinen Nachkommen Erbarmen zu erweisen.«
(LK 1,46ff)

Besuch: OK, liebe Maria. Ich werde einen Bericht verfassen und weitergeben. Ich werde versuchen, alles Ihrer Auffassung entsprechend darzulegen. Ob Ihre Geschichte es weiter schafft als bis zu meinem Vorgesetzten, kann ich Ihnen aber nicht garantieren…

(Lesen: Lk 2,1-20)

 

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