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„Ich glaube“… eben nicht ALLES

Predigt MCC Köln, 1. Dezember 2019
Daniel Großer

Josua 2,1-11

(1. Advent; Welt-AIDS-Tag)

Credo. Das heißt: “Ich glaube.”

Das Pfingstfest markiert in der Christenheit einen spannenden Moment.
Vor Pfingsten wirkte Jesus Christus, der von sich selber sagte: “Ich bin der Weg, und die Wahrheit, und das Leben.” (Joh. 14, 6)
An diesem Jesus konnte kein Zweifel bestehen. Er war körperlich da, man konnte seine Stimme hören, seine Kleider berühren, ihm Fragen stellen und Antworten erhalten.
Jesus war ein Mann der Gewissheit und Versicherung, deswegen sagt er so oft “Ich bin”! (Das Licht der Welt, die sättigende Quelle, der Weg zum Leben…)

Mit Jesu Christi Auferstehung von den Toten – wir feiern es als Ostern – halt zum letzten Mal der Ruf dieses großen “Ich bin” in diese Welt.

An Pfingsten kommt nun der Heilige Geist auf Jesu Jünger. Ab diesem Zeitpunkt raunt es in allen Sprachen aus menschlichen Mündern: “Ich glaube”. Der Widerhall des “Ich bin” Christus ist das Bekenntnis seiner Menschen im “Ich glaube” – im Credo.

So vielsprachig, wie Menschen “Ich glaube” sagen können, so vielgestaltig ist auch das, woran sie glauben. (Zur Erinnerung, allein das Liederbuch der MCC allein hat gegenwärtig 14 Glaubensbekenntnisse.) Bereits Paulus hat seine liebe Mühe damit, die Einheit der Kirche zu suchen. Unermüdlich korrigieren er und die anderen Apostel das, was als Credo in den ersten Gemeinden Gestalt gewinnt. Was hat es mit diesem Jesus auf sich, worauf stützen sich diese Menschen, die sich in seine Nachfolge stellen? Man wird diese Menschen recht bald Christen nennen – aber was ist das?

Mit der Anzahl der Gemeinden explodieren auch die unterschiedlichen Auffassungen davon, was den christlichen Glauben auszeichnet.
Die Menschen der Spätantike taten daher das, was Menschen in solchen Situationen gerne tun: sie halten Konferenzen hab. Diese tragen den Namen “Ökumenische Konzile”, weil praktisch alle heutigen christlichen Kirchen sich nach wie vor auf ihre Basis stellen. Diesen Konzilen im 4. und 5. Jahrhundert verdanken wir die ersten, kirchenweit einheitlichen Glaubensbekenntnisse. Besonders bekannt davon sind uns in seiner überarbeiteten Form heute das “Nicäno-Konstantinopolitanum” oder “Großes Glaubensbekenntnis”, so wie das zu ähnlicher Zeit entstandene “Apostolikum” oder “Apostolische Glaubensbekenntnis”. Wenn du in einem Raum sitzt mit syrisch-orthodoxen, adventistischen, römisch-katholischen, reformiert-evangelischen oder freikirchlichen Christen: Das “Große Glaubensbekenntnis” könnt ihr stets miteinander sprechen! (Vielleicht verdient es deswegen auch einen Platz in unserer Liedermappe.)

Der allererste Verwendungszweck des Glaubensbekenntnisses ist daher die Taufe. Wer von sich sagt: “Ich will Christ sein!” – der bringt im Glaubensbekenntnis zur Sprache, was das für sie oder ihn bedeutet. Glaubensbekenntnisse sind also Taufbekenntnisse. Wir bekennen, was wir glauben – und was nicht.
In den Taufen, die wir im vergangenen Monat hier bei der MCC erleben durften, haben wir übrigens solche Taufbekenntnisse gehört. Sie sind vom Blickwinkel her eher auf uns Menschen hin bezogen, denn Gott brauchen wir schließlich nicht zu erklären, was wir glauben möchten oder glauben können – sie weiß es längst.

Nun sprechen wir Glaubensbekenntnisse im Gottesdienst jedoch nicht nur zu Taufen. Das liegt daran, dass sie noch einen zweiten Verwendungszweck haben, dessen Blick aber eher auf Gott gerichtet ist. In Hebräer 13, 15 steht: “Durch Jesus wollen wir Gott zu jeder Zeit danken, indem wir ihn loben und uns zu seinem Namen bekennen!”
Glaubensbekenntnisse sind also zugleich Lobopfer zu Gottes Ruhm. Das Aussprechen unseres Bekenntnisses schmeichelt Gott anscheinend, er hört es gern.

Glaubensbekenntnisse sind also einerseits Taufbekenntnis, andererseits Lobopfer.
Je nachdem, welchem Verständnis man den Vortritt lassen möchte, erklärt sich auch, wann das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst gesprochen wird.

In der römisch-katholischen Messe schließt sich das Glaubensbekenntnis unmittelbar an die Predigt an.
Die Predigt ermöglicht also erst das Glaubensbekenntnis. Der Glaube erwächst aus dem Hören der Predigt, das Glaubensbekenntnis bestätigt das Gelernte.
Hier ist das Glaubensbekenntnis ein Taufbekenntnis.

Im evangelischen Gottesdienst hingegen steht das Glaubensbekenntnis traditionell vor der Predigt. Die Predigt erhält ihre Notwendigkeit und ihre Verständlichkeit also erst durch das Glaubensbekenntnis. Der Glaube ermöglicht erst das Hören, das Glaubensbekenntnis bereitet den Boden vor.
Hier ist das Glaubensbekenntnis ein Lobopfer.

Mach dir beides zu Nutze!
Dein Glaubensbekenntnis darf ein Taufbekenntnis sein. Es darf dich abgrenzen von dem, was du nicht glauben kannst oder nicht glauben möchtest. Es darf dich schützen vor den unheilvollen Gottesbildern, die andere Menschen dir anbieten, oder die in dir bereits Raum genommen haben. Es darf dich verbinden mit anderen Menschen zu allen Ort und allen Zeiten, die ihrem Glauben die gleichen Worte gaben. Es darf dir ein Leuchtturm sein, der dir den Weg weist.

Dein Glaubensbekenntnis darf aber auch ein Lobopfer sein. Du darfst Gott beim Namen nennen, denn sie nennt auch dich bei deinem Namen um dir zu zeigen: “Ich sehe dich.”
Du darfst feiern, was du über Gott weißt oder zu wissen glaubst. Du darfst die Erinnerung hochhalten an die Augenblicke deines Lebens, in denen Gott dir half oder dir nahe war. Du darfst den Blick von dir selber lösen und aufschauen zu Gottes Licht.

Wozu das alles? Damit dein Glaubensbekenntnis Früchte trägt!
Rahab, von der wir in der Lesung hörten, bekannt ihren Glauben: “Denn der Herr, euer Gott, ist der Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.” (Jous 2, 11b)
Danach half sie den israelitischen Spionen, die ummauerte Stadt fiel, doch sie und ihre Familie lebten.
Dein Bekenntnis, ob es nun Lobopfer oder Taufbekenntnis sei, will hinauswachsen von deinen Lippen in dein Herz, und von deinem Herzen zu deinen Händen.

AMEN.

 

 

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