Zum Inhalt springen
Home | Der barmherzige Samariter: Mantra des Mitgefühls

Der barmherzige Samariter: Mantra des Mitgefühls

Predigt MCC Köln, 21. August 2016
Manfred Koschnick

Lukas 10, 25-37: „Der barmherzige Samariter“

Die Predigt heute handelt von der Nächstenliebe. Es gibt im zweiten Teil der Bibel, in dem die Geschichten von Jesus und den ersten Christen stehen, nur eine Geschichte, die uns erklären will, was Nächstenliebe ist. Es ist die Geschichte über einen barmherzigen Samariter. Ich bin mir sicher, dass Ihr alle den Ausdruck BARMHERZIGER SAMARITER und die Geschichte kennt. Populär ist sie u.a. durch den Arbeitersamariterbund und scheint ja auch eingängig plausibel zu sein, so dass vom Samariter schon fast sprichwörtlich die Rede ist wie auch im Beispiel der slawischen Nonne in Indien, Mutter Theresa, meist kritisch gedeutet als Mensch der sich seiner Ideale wegen ausbeuten lässt. Alles Gutmenschen. Darum hören wir die Lesung dieser bekannten Geschichte erst im Laufe der Predigt.

In der Geschichte werden 2 Fragen gestellt.

Die 1. Frage lautet: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu haben?“
Fragt man sogenannte „Leute auf der Straße“, was Ewiges Leben heißt, sagen sie: „Dass das Leben nach dem Tod irgendwie weitergeht.“ Ewiges Leben ist aber mehr als die Leute glauben. Es beginnt jetzt und hat schon jetzt eine andere Eigenschaft als das normale Leben und Sterben. Das Ewige Leben ist nämlich das Reich Gottes im Himmel wie (auch) auf Erden. Es ist das Leben mit Gott, dem unendlichen – jenseits der Zeit. Und wie könnte es anders sein, als dass wir vereint mit Gott auch Anteil an seiner Ewigkeit haben. Es gibt biblische  Bilder vom Menschen, als Gras, das verdorrt. Unsere Zeit hat andere Bilder z. B. von 50 Milliarden Neutrinos im menschlichen Körper, die niemals vergehen, auch dann nicht, wenn das Universum implodiert und ein neuer Urknall entsteht.

Die 2. Frage heißt: „Wer ist mein Nächster?“
Ihr kennt das Wort NÄCHSTER wenn der Arzt ins Wartezimmer kommt und fragt „Wer ist der Nächste?“ oder „Der Nächste bitte!“ Beim Hausarzt meldet sich der Nächste recht schnell. Beim Zahnarzt dauert es manchmal vielleicht etwas länger bis man weiß, wer unser Nächster ist. Das ist aber mit dem biblischen Wort NÄCHSTER nicht gemeint! Ihr habt schon so  Begriffe gehört wie „die nächsten Angehörigen“. Ungefähr das ist mit dem Wort NÄCHSTER gemeint, …so wie Jesus das Wort verwendet. Es gibt Menschen die uns relativ nahe stehen und solche, die uns am allernächsten sind. Der NÄCHSTE bedeutet also nicht „der Nachfolgende“ so wie in der Redewendung „der nächste Tag“ oder „ der nächste Freund, der gratulierte,…“.

Was ist denn eigentlich so wichtig an der Frage „Wer ist mein Nächster“?  Warum spielte die Frage damals eine so große Rolle? Die Frage war in den heiligen Schriften der Juden schon eindeutig beantwortet und brauchte eigentlich nicht mehr diskutiert werden. D Aber diese Frage WER IST MEIN NÄCHSTER? wurde von einem Schriftgelehrten trickreich eingesetzt, um Jesus in einem theo -logischen Gespräch eine Logik-Falle zu stellen. Wie sollte das gehen? Gott und seine Gebote waren nicht ohne „sein“ jüdisches Volk vorstellbar. Viele (nicht alle) Menschen suchen nach Göttern oder Gottesbildern, die spiegelnd ihnen selbst entsprechen. Der mächtige Unternehmer betet den mächtigen Schöpfergott an, der befiehlt, die Erde Untertan bzw. untertänig zu machen.  Der Sklave betet den Gekreuzigten an, der anderen entrechteten Menschen solidarisch ist oder den Gott ohne Namen, der die Israeliten von der ägyptischen Herrschaft befreite.  Einige Schwule wollen glauben, dass hinter den Beziehungen zwischen David und Jonathan oder Jesus und Johannes etwas mehr steckt, etwas, das ihren eigenen Lebenserfahrungen entspricht. Ein schwuler Jesus wäre ihnen der Nächste. Den Juden war Gott quasi jüdisch, da er untrennbar mit allen jüdischen Gesetzen, Traditionen und Gepflogenheiten verbunden war. Seine Schutzherrschaft galt ausschließlich den Juden

Doch nun zurück zur biblischen Erzählung. Das Wort Schriftgelehrter ist nicht selbsterklärend. Ohne Bibelkenntnisse könnte man meinen, es bedeute so viel wie Germanist oder Orientalist. Daran ist etwas Wahres, aber Schriftgelehrte konnten noch mehr als Lesen und Schreiben. Schriftgelehrte sind Leute, die wissen was in den heiligen Schriften steht, das Gelesene verstehen und erklären können. Treffender wäre also die Formulierung schriftgelehrter Theologe. Jeder Schriftgelehrte wusste nämlich, was man tun muss, um das ewige Leben zu haben. Man muss die religiösen Gesetze wortwörtlich beachten und danach handeln. Alle Gesetze waren eigentlich nur Konkretisierungen, also praktische Anwendungen des einen Doppelgebots: „ Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst!“ Das wussten alle Priester, Leviten (Vorleser / Tempeldiener) Pharisäer(Strenggläubige) und Schriftgelehrten (Theologen). Und das Volk wusste es und dass die Geistlichen dies wussten. Und die Schriftgelehrten wussten, dass das Volk es wusste, dass die Gelehrten es wussten. Die Antwort auf die Frage, was man tun muss, um das ewige Leben zu haben, wusste also jeder  Mensch in Galiläa. Wenn man das Liebesgebot jedoch richtig praktizieren, d. h. praktisch tun wollte, musste man ja wissen, wer nun dieser Nächste ist, den man lieben soll. Natürlich hatten alle Theologen auch darüber gründlich nachgedacht. Und wiederum wussten alle Leute  die Antwort ganz genau. Ich veranschauliche  die damals richtige Antwort an heutigen Beispielen. Würde man z.B. einen Fußballfan fragen, wer im Stadion sportlich gesehen seine Nächsten sind, würde er meinen: „Es seien jene Zuschauer, die mit ihren Gedanken und Gefühlen ganz bei seinem Verein sind,  seinen Fußballverein von ganzer Seele und mit all ihrer Kraft lieben – und jubeln, wenn seine Fußballmannschaft das Spiel gewinnt.“ Fragt man z. B. einen Sozialdemokraten, wer politisch seine Nächsten sind, antwortet der höchstwahrscheinlich: „Meine Genossen!“ und nicht etwa auch die Parteifreunde der CDU oder AfD.

Fragte man nun zurzeit Jesu einen Menschen jüdischen Glaubens, wer seine Nächsten sind, antwortete er unter Garantie ganz spontan: “ Die Juden!“.   Für einen einzelnen Juden waren die andern Juden seine Nächsten. Das ist so ähnlich wie heute Deutsche sagen: Die Flüchtlinge aus Afrika sind mir so fremd und so fern. Die Deutschen sind mir dagegen die Nächsten! Ihnen sollte man zuerst Kitas bauen, Schulen restaurieren und Sozialwohnungen bauen! Für die deutsche Kanzlerin sollten die deutschen Wähler natürlicherweise ihre Nächsten sein. „So einfach ist das  scheinbar mit dem Thema Nächstenliebe“, dachte der Schriftgelehrte.

Die biblische Geschichte heißt „Der barmherzige Samariter“. Deshalb muss man erstens auch verstehen, was Barmherzigkeit ist und zweitens verstehen, wer denn diese Samariter waren.

1.) Barmherzigkeit ist eine von Herzen kommende Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft gegenüber armen und hilfsbedürftigen Menschen, eine der Haupteigenschaften Gottes, dem die Menschen nacheifern sollen.

2.) Die Samariter gehörten nicht zu den Juden, weil sie durch den Einfluss eines anderen Volkes mittlerweile andere religiöse Traditionen hatten. Das war so ähnlich wie heute bei den Moslems, die den gleichen Gott wie die Christen anbeten; es gibt auch bei Ihnen Abraham, Jesus und Maria, aber ihre Auslegung der Texte ist anders als bei den Christen und auch die Art wie sie ihren Glauben leben.

Hass und Terror gegeneinander waren zwischen Samaritern und Juden leider normal. Keine Volksgruppe war nur Opfer oder unschuldig. Man muss dies wissen, um die Geschichte vom barmherzigen Samariter besser zu verstehen.

Wie wollte denn nun der Schriftgelehrte Jesus eine Falle stellen? Jesus stand ja bekanntlich in dem schlechten Ruf, die religiösen Gesetze, die die öffentliche Ordnung herstellten, sehr kritisch, ja womöglich ablehnend zu beurteilen.  Wie würde er nun mit dem Gebot umgehen, dass Juden den Juden die NÄCHSTEN sein sollen? Würde er korrekt antworten: “Unsere Nächsten, das sind die Juden“, hätte er wie ein kleines Kind dem großen Lehrer gegenüber die allseits bekannte und daher einfältige Antwort gegeben. „Brav Jesus, richtig geantwortet – setzen!“ könnte ein Lehrer darauf antworten. Das Gespräch wäre dadurch beendet worden. Der Schriftgelehrte hätte das letzte Wort gehabt und sich selbstzufrieden auf die Schulter geklopft. Seine nur am Gesetz ausgerichtete Lebenseinstellung hätte sich wieder einmal bewährt! Hätte Jesus aber auf die Frage „Wer ist mein Nächster“  geantwortet, dass jeder (Hilfsbedürftige), gleich welcher Nation unser Nächster sein kann, hätte er dadurch die Heilige Schrift  (Leviticus 19, Vers 18) missachtet.

Kein frommer Jude, und schon gar kein Schriftgelehrter hätte Jesus als Gesprächspartner noch ernst genommen und respektiert. Der Schriftgelehrte hatte Jesus mit dem Zwiespalt in die Enge getrieben. Jesus konnte weder das Eine noch das Andere antworten. Das war also eine verdammt heikle Situation. Schriftgelehrte waren schlaue Leute. Nicht nur, dass sie wie die wenigsten damals lesen und schreiben konnten. Sie waren sowas wie heute ein Professor. Statt nun einfach und korrekt die Frage zu beantworten, antwortete Jesus dem Schriftgelehrten aber ziemlich trickreich  mit einer beispielhaften Geschichte.

Ich fasse die Geschichte ‚mal kurz zusammen: Ein Reisender wird von Räubern überfallen und schwer verletzt. Ein Priester und ein Tempeldiener gehen schnell vorbei, aber helfen dem Verletzten nicht. Ein Samariter sieht den Verletzten, ist barmherzig und hilft ihm. Ein Hotellier übernimmt den schwerverletzten Reisenden und pflegt ihn gesund. Die ersten Christen sahen diese Geschichte als ein Gleichnis. Jesus war der barmherzige Samariter. Der Gastwirt oder Hotelbesitzer war die Kirche, der Reisende war der einzelne Christ, u. s. w. Später erst deutete man sie als soziale Handlungsanweisung. Papst Benedikt XVI. sagte, dass die Geschichte gerade durch die erste urchristliche Deutung ihr großes geistliches Gewicht bekommt. Ich glaube, dass die vielen Mitarbeiter des ASB nicht mehr wissen, wie bedeutsam der heutzutage auf das säkulare Gutmenschentum reduzierte barmherzige Samariter für die ersten Christen einst war. Der Gutmensch als Vorbild für uns ist eine Figur einer allgemein gültigen Moral, die jedem einleuchtet. Deshalb ist der barmherzige Samariter auch unter Ungläubigen als ein Beispiel für soziales Engagement  so beliebt.

Bevor uns …. jetzt diese Geschichte im Original aus der Geschichtensammlung des Lukas vorliest, möchte ich vorher unter Euch eine kleine Umfrage zu dieser einfachen Geschichte machen. Wer ist nach Meinung Jesu in der Geschichte der Nächste – ist es der Reisende, der auf dem steilen einsamen Weg von Jericho nach Jerusalem von den Räubern verletzt und ausgeraubt wurde?

Ist es der Priester, der vielleicht,  so wie es das Gesetz verlangte, wegen der rituellen Reinheit d.h. konkret ohne einen Sterbenden zu berühren zum Tempeldienst laufen wollte und deshalb den Verletzten am Wegrand liegen ließ – oder ist es der barmherzig helfende Samariter? Ihr solltet Eure Antwort hier nicht begründen, um die andern nicht zu beeinflussen!

Zeigt einfach auf, wenn ich die Kandidaten nenne und der mit den meisten erhobenen Händen hat gewonnen. Welcher ist nach Meinung Jesu der Nächste? Es kann nur einen geben!

  • Wer ist für den Priester?
  • Wer ist für den Reisenden?
  • Wer ist für den Samariter?

Ich stelle fest, die Mehrheit meint, dass nach Meinung Jesu der …. der Nächste ist.
Madeleine.liest uns nun die richtige Antwort aus der Bibel vor.

Da stand ein Gesetzeslehrer auf, und um Jesus auf die Probe zu stellen, fragte er ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz? Was liest du dort?
Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.
Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben.
Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?
Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halb tot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter. Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter. Dann kam ein Mann aus Samaria, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.
Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde?
Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!

Lukas 10, 25-37

Die richtige Antwort ist also: Der Samariter war der Nächste!

Jesus hat die  Frage nämlich anders gestellt. Er gab sie an den Schriftgelehrten zurück. Der war nun in der Rolle des Schülers. Jesus fragte nicht „Wer ist der Nächste?“ sondern er fragte: „Wer wurde dem unter die Räuber gefallenen zum Nächsten?“ bzw. „Für wen war der Samariter der Nächste?

Damit hat Jesus nicht mehr das Problem, sich entweder schulmeistern zu lassen oder aber die Heilige Schrift zu missachten. Was aber geschieht mit dem Gesetzeslehrer? Wie bei unserer kleinen Umfrage gab es für ihn anhand der Thora nur RICHTIG oder FALSCH. Er wusste natürlich die richtige Antwort. Er war ja der Schriftgelehrte. Er konnte als Gesetzeslehrer normalerweise von oben herab anhand der Heiligen Schrift bestimmen, wer und was mit dem Wort Nächster gemeint sein soll. Die Heilige Schrift ist die absolute Schiedsstelle für alle Fragen und in der kannte er sich aus. Immer hatte er die heilige Schrift auf seiner Seite. Sie bestätigte und rechtfertigte ihn, den Spezialisten in allen Lebenslagen. Er steht als Profi außerhalb und über dem Thema …und den Menschen, um die es in der Geschichte geht. Er identifiziert sich mit dem Priester und dem Levit – dem damaligen Establishment. Er weiß, dass sich Priester und Levit vielleicht falsch verhalten haben. Vielleicht war der Reisende ein Jude wie sie – der Nächste! Jesu Frage zwingt den Gesetzeslehrer  nun aber, umzudenken. Ja er muss die Antwort, die sein Weltbild in Frage stellt sogar selbst geben. Was für ein Unterschied in der Betrachtung!

Der hilfsbedürftige Mensch ist nicht mehr Gegenstad u. Objekt des professionellen Urteilens und Handelns: Nächster oder nicht Nächster? Der stolze Schriftgelehrte selbst, der Arzt selbst, der Sanitäter selbst, der Polizist selbst der Seelsorger selbst ist Gegenstand seiner eigenen Analyse und Deutung. Er selbst muss sich selbst fragen, ob und wem er tatsächlich der Nächste ist. Und Jesus behält das letzte Wort und sagt „Geh hin und tue desgleichen!“ Mach es genauso. Das ganze objektive Fachwissen des Schriftgelehrten wirkt gegenüber der barmherzigen Tat kraftlos und sinnentleert.

Während der Schriftgelehrte und der Priester noch anhand der Schrift gelehrte Abwägungen träfen, hülfe der Samariter einfach. Sein Grund zu handeln ist nicht das göttliche Gesetz (vielleicht kennt er das jüdische Gesetz nicht einmal), sondern es ist sein schlichtes Mitgefühl, das ihn zum Handeln treibt. Er kann sich auf Augenhöhe mit dem Verletzten identifizieren, ihm nahe sein, ja ihm sogar der Nächste sein. Was lernten Leute, die diese Geschichte vom barmherzigen Samariter hörten daraus?  Was lernst vielleicht auch Du?

  • Es gibt viele Vorträge und Bücher zum Thema Caritas und Diakonie, um die christliche Identität dieser Hilfsorganisationen zu beweisen. Wir lernen: Man braucht Hilfe nicht religiös zu begründen. Das lehrt uns das Gleichnis vom Samariter!
  • Manchmal lehnen Länder die Hilfe von Christen ab. Um zu helfen, ist es aber wirklich nicht wichtig, selbst den „richtigen“ Glauben zu haben.
  • Mein Exfreund z.B. unterstützte niemals ausländische Hilfe, z.B. Hungernde in Afrika sondern nur Projekte in Deutschland. Es ist aber egal, wem man als Kind Gottes hilft, denn aus welchem Volk oder welcher Religion der Reisende auf dem steinigen Weg von Jericho nach Jerusalem stammte, wurde nicht gesagt, war unwichtig. Da, wo die Not am Größten ist wird auch die größtmögliche Hilfe gebraucht.
  • Man sollte sich wohl auch beim Helfen nicht überfordern, sondern darf die Arbeit und die Verantwortung (wie in der Geschichte hier z. b. an den Gastwirt) an andere delegieren , heißt verantwortungsvoll abgeben
  • … auch die Räuber spielen in dem Täter-Opfer-Retter-Drama ihre gesellschaftspolitische Rolle und die Menschen bei Jesus lernten noch vieles andere mehr, das in diese eine einzelne Predigt hier gar nicht alles hineinpasst. Darum beschränke ich mich.

Eines ist mir nämlich sehr wichtig: Der Schriftgelehrte hatte bei der Frage nach dem Nächsten ein eigenes egoistisches Eigeninteresse, nämlich, selbst dadurch das eigene ewige Leben zu erlangen. Vom Samariter wird diese Motivation nicht berichtet. Seine Gedanken sind bei dem Verletzten. Von Mutter Theresa weiß man, dass sie eigentlich nur diente, um Gott nahe zu sein. Sie brauchte das Helfen. Es war ihre „Sucht gebraucht zu werden“. In Wahrheit diente sie nicht den Kranken sondern die Kranken dienten ihr. Aber so funktioniert das nicht.

Sie verfiel in Depression. Jesus zeigt Dir durch die Geschichte vom barmherzigen Samariter, dass das Ewige Leben, also eine sich immer wieder ereignende Begegnung und Beziehung mit Gott, gerade dann geschieht, wenn Du selbstlos (also nicht egoistisch, nicht auf geistliche Vervollkommnung, Erleuchtung oder ewiges Leben bedacht) naiv-einfach nicht Deine eigenen Vorstellungen von Helfenden und Hilfesuchenden, ihren Rollen und Funktionen (und seien sie auch noch so fromm) in den Vordergrund der Hilfe stellst, sondern wenn Du die Situation / das Erfordernis und das Bedürfnis des Hilfesuchenden um der Hilfe willen an die erste Stelle setzt. Es gibt nichts Gutes – außer man tut es. Es ist wie bei dem Existentialisten Camus in seinem Roman DIE PEST. Bei Camus ist es der nichtideologische atheistische Arzt, der sich als der barmherzige Samariter erweist. Sei bei dem Fremden und bei seiner Sicht der Dinge seiner Welt. Lass mutig ab von Deinen eigenen moralischen Vor- und Werturteilen. Lass Liebe Gottes wirksam werden. Folge mutig ohne gut sein zu wollen spontan Deinem sensiblen Mitgefühl. Das ist Barmherzigkeit.  AMEN

 

Fürbitten

Gott, mehr als alle Menschen vor uns wissen wir vom Leid in dieser Welt. Internet, Fernsehen, Radio, überall begegnen wir Krieg, Terror, Armut und Gewalt. Menschen, die tausende Kilometer von uns entfernt leben, sind uns plötzlich nahe in Ton und Bild. Es ist zu viel. Wir bekennen vor dir, Gott, unsere Hilflosigkeit im Angesicht des Ausmaßes der Not. Wir bekennen vor dir, Gott, unsere Lähmung und Starre.
Jesus, der du Lahme wieder gehen machst, hilf uns auf, dass wir nicht verharren, wo wir handeln müssen. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Gott, wir möchten gerne unsere Augen schließen vor den unbequemen Problemen der Welt und den Ängsten und Nöten in uns selbst. Manchmal ziehen wir uns zurück auf das, was wir haben und lassen das Hoffen sein.
Jesus, der du Blinde wieder sehen machst, hilf uns auf, dass wir nicht wegsehen, wo wir erkennen müssen. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Gott, wir gestehen dir, dass wir furchtsam und zögerlich sind. Wenn du in unser Leben sprichst, dann verschließen wir manchmal unsere Ohren, denn wir haben uns eingerichtet in diesem Leben und es uns bequem gemacht mit unserem Selbstmitleid und unseren Sorgen.
Jesus, der du Taube wieder hören machst, hilf uns auf, dass wir nicht weghören, wo du zu uns sprichst. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Gott, weil du uns aus der Lähmung befreist, unsere Augen öffnest und unsere Ohren befreist, können wir nicht anders als uns an dich zu wenden, du Quelle unserer Hoffnung.
Deswegen bitten wir dich für jene, die krank sind und keine Hoffnung mehr für ihr Leben haben. Wir bitten dich für die, die sich nicht mehr lieben können. Wir bitten für die, denen ihr Leben genommen und ihre Zukunft geraubt wurde.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Wir bitten dich für jene, die den Kampf gegen Sucht und innere Dämonen kämpfen und mal gewinnen, mal verlieren. Wir bitten dich für jene, die gefangen sind in ihrer Angst, in ihrem Hass, in ihrer Einsamkeit, ihren alten Gewohnheiten.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Wir bitten dich für jene, die Opfer wurden von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt. Wir bitten dich auch für jene, denen sie zum Opfer fielen. Wir bitten dich für jene, die es verhindern können hätten, deren Gewissen nun beschattet ist.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Wir bitten dich für die, die ihr Weltbild, ihre Religion, ihr Selbstbild, ihren Wohlstand zum Götzen erhoben haben, dem sie ihre Nächstenliebe und Güte opfern. Wir bitten dich für die, die harten Herzens sind.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Wir bitten dich für die Kinder, die kein Leben in Frieden kennen, die die bitteren Früchte des Hasses ernten, die andere gesät haben. Wir bitten dich für die, die zu Soldaten werden mussten, für die, die von denen verlassen wurden, von denen sie Schutz erhoffen durften. Wir bitten dich für die, die in den Minen und Fabriken für einen Hungerlohn arbeiten müssen.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Wir bitten dich für die, denen Möglichkeiten des Handelns offenstehen, wir bitten dich für uns. Wir bitten dich für die, die ratlos, aber guten Willens sind. Wir bitten dich für die, die helfen und suchen, die retten und schützen, die hoffen und beten.
Erbarme dich über sie. Wir bitten dich, Christus, erhöre uns.

Denn du, Jesu Christus unser Heiland und Erlöser, bist der Freund der Menschen, und wir setzen unsere Hoffnung auf dich, dass du dich erbarmst.

AMEN.

 

Skip to content