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„Ich weiß nicht so genau“…

Predigt MCC Köln, 17. Mai 2015
Daniel Großer

Johannes 15, 26-16,4: Was ZeugInnen (nicht) ausmacht

„Als Zeuge wird eine natürliche Person bezeichnet, die zu einem aufzuklärenden Sachverhalt eigene Wahrnehmungen bekunden kann.“ (So definiert Wikipedia Zeugen.)

Üblicherweise kommst du also nicht als Zeuge in Betracht, wenn du eine der folgenden Bedingungen erfüllst:

  • Du hast nichts gehört und nichts gesehen.
    Wenn du keine eigene Wahrnehmung hast, dann bist du als Zeuge ungeeignet. Der Heilige Geist ist in dieser Hinsicht natürlich ein ganz hervorragender Zeuge, denn sie ist ja selber Gott. Sie war Teil der Schöpfung lange bevor es Menschen gab, sie war die treibende Kraft hinter Jesu Leben und sie ist es auch, die bis heute spricht als die Trösterin und Ratgeberin, die Jesus versprochen hat.
    Aber wenn du ein Zeuge Jesus sein möchtest, dann kannst du dich zuerst fragen: Was habe ich gesehen, was habe ich gehört, was habe ich erlebt von diesem Jesus? Wovon bin ich Zeuge geworden? Wenn deine Antwort lautet: “Ich weiß nicht so genau” oder “Ich hab nix gesehen und nix gehört” – dann herzlichen willkommen bei der MCC, hier bist du hoffentlich am richtigen Ort, um eigene Wahrnehmungen zum Sachverhalt Jesus zu sammeln. Wer ein Zeuge sein will, muss zuerst Zeuge werden.
    Nicht selten werden Menschen erst durch ihre Neugier zu Zeugen. Die Mutter erfährt vielleicht durch einen verräterischen Anruf vom ersten Freund ihrer Tochter, die geheime Zutat des Rezepts erfährt der Küchenhelfer erst beim heimlichen Blick in den Kochtopf des Chefkochs. Eine gesunde Portion Neugier und Offenheit dürfte auch in Bezug auf Jesus nicht schaden. Wenn du mit offenen Augen in das Glaubensleben anderer Christen und Gemeinden schaust, könnte auch für dich die Wahrscheinlichkeit steigen, Zeuge einer interessanten Sache zu werden.
    So oder so: Wer Zeuge sein will, muss zunächst erst einmal etwas gesehen oder gehört haben.
  • Deine Wahrnehmung ist schon lange her und eingestaubt.
    Je länger etwas her ist, desto unglaubwürdiger sind Zeugen. Nach 10 Jahren bekommt man keine sachdienlichen Hinweise mehr zum Nummernschild des Tatfahrzeugs.
    Der Heilige Geist hat es natürlich leicht: Er kann Gottes Wirken jeden Tag aus der ersten Reihe sehen.
    Wir als Christen brauche hingegen eine Kultur des Erinnerns. Helfen wir dem Gedächtnis auf die Sprünge, in dem wir ins Gespräch darüber kommen, was wir gehört und gesehen haben. Manche führen Gebetstagebücher oder schreiben. Vielleicht macht es ja für dich einfach einmal Sinn, wenn du dir ein Blatt Papier und einen Stift nimmst und aufschreibst, was du gehört und gesehen hast?
    So oder so: Zeugen müssen in Erinnerung behalten, was sie wahrgenommen haben.
  • Du bist nicht vertrauenswürdig.
    Vor Gericht hast du als Zeuge schlechte Karten, wenn du befangen bist, wenn du vom Angeklagten abhängig oder gar verwandt oder wirtschaftlich verbunden bist, oder wenn du ein stadtbekannter Lügner bist.
    Der Heilige Geist schneidet bei diesem Kriterium ziemlich schlecht ab, denn er ist selbst Gott und ist voll und ganz von ihm abhängig, außerdem hat der Heilige Geist ein nachvollziehbares Interesse daran, Gott in einem guten Licht darzustellen. Der Heilige Geist genießt deswegen nur so viel Vertrauen, wie Gott selbst.
    Hier haben wir als Christen eventuell die Nase vorn, wenn wir uns selbst und anderen vernünftige und authentische Ansprechpartner bleiben. Wenn du alle 2 Wochen deine Religion wechselst, wenn du dich hinter der Rolle eines frommen Christen versteckst, wenn du das Christentum anstelle deiner Erlebnisse verteidigst, wenn du andere manipulierst, dann bist auch du nicht sonderlich vertrauenswürdig. Wenn du aber ehrlich von deinem Glauben erzählen kannst, von guten und von schweren Teilen, wenn du eine Suchende nach Gottes Wahrheit bleibst, wenn du Gottes Frieden in dir auch auf andere weiterdenkst, dann bist du hingegen ein fabelhafter Zeuge.
    Wer Zeuge sein will, muss bei der nackten, manchmal dünnen Wahrheit bleiben, um vertrauenswürdig zu bleiben.

Zu guterletzt gibt es noch eine Eigenschaft von Zeugen, die für uns interessant sein könnte: Wenn du Zeuge oder Zeugin geworden bist, dann kannst du überlegen, ob du dich dazu bekennen möchtest und Zeugnis ablegst. Auch im Glauben gibt es ein Recht, die Aussage zu verweigern. Wenn du dich deiner Wahrnehmung nicht sicher bist, wenn man dich nicht fragt, wenn du schüchtern oder wegen deines Zeugnisses in Gefahr bist, dann kannst du die Aussage verweigern. Das gilt auch für falsche Momente: Wenn dein Gegenüber gerade eilig zu Straßenbahn rennt oder sich vor 2 Minuten von seinem Partner getrennt hat, dann wäre es durchaus angebracht, dein Zeugnis aufzuheben für einen klügeren Moment. Du darfst als Zeuge die Aussage verweigern, insbesondere unter Druck; du musst es aber nicht.

Der Heilige Geist ist hierfür ein gutes Beispiel.
Manchmal spricht er nicht zu Menschen, die ihn nicht hören möchten. Ich kenne Menschen, die im Rückblick sagen: “Es war damals noch nicht die richtige Zeit für mich, ich konnte Gottes Stimme noch nicht hören.”
Manchmal schreit der Heilige Geist aber ihr Zeugnis auch Leuten ins Ohr, obwohl die es lieber nicht hören würden. Sicher ist nur: Doch wenn der Heilige Geist als Zeugin spricht, dann spricht sie in Wahrheit.

Vier Punkte:

  • Zeuge ist man nicht, Zeuge wird man.
    Achte darauf, wo Gott dich zum Zeugen macht.
  • Zeugnis will in Erinnerung bleiben.
    Vergiss nicht, was du erfahren hast von Gott.
  • Zeugen müssen vertrauenswürdig sein.
    Hübsche dein Zeugnis nicht auf und mach es nicht klein.
  • Zeugen dürfen die Aussage verweigern.
    Denke darüber nach, ob, wem und wann du Zeugnis gibst.

Jesus beruft den Heiligen Geist und uns zu Zeugen. Lassen wir uns zu Zeugen machen, werden wir gute Zeugen sein?

AMEN.

 

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