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Annahmebedingungen in „christlichen“ Kreisen

Impulse zur Jahreslosung, MCC Köln, 4. Jan. 2015
Chris, Ines-Paul Baumann

Ob in Bezug auf uns selbst, auf unsere Mitmenschen oder auf unsere Gottesvorstellungen: „In jeder Beziehung“ sind wir es gewohnt, Voraussetzungen erfüllt zu sehen. Manche Bedingungen stellen wir selber, manchen Bedingungen sehen wir uns gegenübergestellt. Was hat Jesus von solchen Bedingungen gehalten? Was hat Jesus gezeigt im Umgang mit sich selbst, seinen Mitmenschen und seinem Gottesbezug? Was bedeutet das für uns heute?

Gedanken zur Jahreslosung von Christian

Liebe Gemeinde,

Die Losung für dieses Jahr lautet:
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“
Das ist eine wichtige Aussage von Paulus im Brief an die Römer. Ein Anspruch an uns, der uns nicht immer leicht fällt zu erfüllen.

Gott hat sehr verschiedene Menschen erschaffen. Menschen mit unterschiedlichen Begabungen, Verhaltensweisen, Bedürfnissen. Besonders hier in der Gemeinde herrscht große Vielfalt an Menschen. Hier besucht der Sozialhilfeempfänger neben dem selbstständigen Unternehmer, das heterosexuelle Paar neben dem homosexuellen Paar, der psychisch Labile neben dem selbstbewussten starken Menschen den Gottesdienst. Dies ist nur eine kleine Auswahl an der Vielfalt, die hier gerade entsteht.

Dieses Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Menschen führt auch manchmal zu Spannungen oder kleineren Meinungsverschiedenheiten. Es ist manchmal nicht leicht, sich in den Anderen einzufühlen, wenn der so völlig andere Bedürfnisse hat als man selbst. Manchmal stört man sich an der Art wie jemand sich gibt und denkt insgeheim: „Der soll sich ändern, damit ich besser mit ihm/ihr klarkomme“. Dabei vergessen wir schnell, dass Gott ihn so geschaffen hat wie er ist. Er ist genauso richtig und gut wie ich selber.

Nur frage ich mich, darf ich noch jemandes Verhalten kritisieren ? Darf ich auch mal ein Problem mit jemandem haben ? Muss ich zu jedem nett sein, auch wenn mich manches total aufregt und nervt ? Ich kann doch nicht mit jedem auf einer Wellenlänge liegen, und ich kann doch auch nicht alles gut finden was andere tun. Vielleicht meint Paulus in dieser Aussage gar nicht, dass wir jedes Verhalten gut heißen müssen. Wir sollen die Persönlichkeit des Menschen anerkennen. Trotzdem haben wir das Recht, Dinge, die uns stören, anzusprechen.

Also mir fällt es zum Beispiel sehr schwer, Menschen anzunehmen, die andere Menschen terrorisieren. Ich will nicht anerkennen, dass auch die Mitglieder der verschiedenen islamistischen Terrormilizen von dir geschaffen sind. Ich will oder kann einfach nicht anerkennen, dass Menschen, die Flüchtlinge abweisen wollen, auch von dir geschaffen sind. Ich erwische mich oft dabei, dass ich denke : Diese Menschen können doch keine Seele haben. Dann versuche ich mir vorzustellen, dass alle Menschen mal als Baby auf die Welt gekommen sind. Sie waren unschuldig, hilflos, liebesbedürftig. Ihre Seele war rein. Sie sind erst so geworden wie sie sind, durch Einflüsse von außen. Ihr Verhalten macht nicht ihre ganze Person aus. Im Innersten steckt in jedem von uns noch das liebesbedürftige Wesen, das einfach nur angenommen werden möchte, mit seinen Schwächen und Stärken.

Zur Vielfalt in der MCC muss ich auch sagen, dass ich manchmal vor großen Herausforderungen stehe. Ich tue mich manchmal schwer mit der Art, wie manche Probleme, Aufgaben angehen und bin innerlich genervt. Es ist ja auch einfacher mit Menschen Aufgaben anzugehen, die ähnlich funktionieren wie ich. Ich erlebe mich zu oft abweisend anderen gegenüber. Manchmal verunsichert es einen zu sehr, wenn jemand eine andere Denk- und Verhaltensweise an den Tag legt.

Einige haben ein anderes Verhältnis zu Gott und seinen Geboten. Manche verstehen einzelne Aussagen in der Bibel anders oder halten manche Gebote für nicht so wichtig. Manche Leben in offenen Beziehungen. Einige Christen, vor allem Evangelikale, wollen Menschen ändern, bekehren zu dem einen richtigen Weg. Sie meinen, wenn du an Gott glaubst und das ganz bewusst lebst und jeden Tag betest und in der Bibel liest, wirst du ein besserer Mensch. Oder wenn du bei uns Mitglied werden willst, musst du erst deine Homosexualität ablegen. Also eigentlich verleugnen. Denn man kann sie gar nicht ablegen, denn auch sie ist von Gott gegeben. Gott akzeptiert und liebt uns so. Leider setzen diese freien Gemeinden das nicht um. Außerdem müssen wir noch bessere Menschen werden? Wir sind doch schon geheiligt durch Jesus Christus. Gott nimmt uns doch an, so wie wir jetzt schon und später einmal sind.

Wir sollen einander ohne Vorbehalte und Bedingungen annehmen. Wir sollen nicht denken: „Wenn der sich ändert, kann ich ihn akzeptieren“. Sogar manche Eltern haben zu ihren Kindern gesagt: „So wie du bist, bist du nicht OK. Ändere dich!“ , oder: „So kann ich dich nicht lieben“. Ein katholischer Priester hat früher einmal zu mir gesagt: „so wie du bist kann Gott dich nicht lieben.“ Nur weil ich kein typisches zartes Mädchen war und immer alles hinterfragt habe, statt einfach Aussagen von Lehrern, Priestern hinzunehmen. Dadurch habe ich lange Probleme gehabt mich selber anzunehmen, und wenn man sich selber nicht akzeptieren kann, fällt es einem auch schwer andere zu akzeptieren. Erst, wenn man gelernt hat, sich mit seinen Schwächen und Stärken zu lieben, und als von Gott so gewollt anzuerkennen, bekommt man auch einen nachsichtigeren Blick auf Andere. Manchmal neidet man ja auch, dass jemand seine Persönlichkeit offen zeigt und sich für seine Schwächen, Probleme nicht schämt, weil es einem selbst vielleicht anders geht.

Fangen wir an, uns selbst und andere als eine Persönlichkeit, geschaffen durch den Herrn anzunehmen. Wir preisen und ehren so Gottes Werk. Das wird nicht immer leicht sein, weil wir Menschen uns schnell und auch gerne über andere aufregen. Aber wir können daran arbeiten, im Menschen Gottes Werk zu sehen. So bekommen wir einen liebevolleren Blick aufeinander und gehen respektvoll miteinander um. Darum geht es doch beim Christsein. Friedlich miteinander leben zu Gottes ehren. Einander zu helfen, zu achten und zu lieben.

Amen

Impulse von Ines-Paul

Christian hat vieles angesprochen – lasst uns ein paar Aspekte davon nun in Ruhe durchgehen. Ihnen Raum und Zeit geben. Entbergen, Nachspüren, Beten, Hinhalten, Öffnen.

„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“:
Aus meiner Erfahrung liegt das Problem bei vielen Christen in unserem Verständnis davon, WIE Christus uns angenommen hat.

Etwas deutlicher gesagt: Viele Christen glauben gar nicht, dass Gott sie angenommen hat.
Gott erträgt sie vielleicht.
Gott liebt sie vielleicht sogar.
Aber das macht Gott deswegen, weil Gott so gnädig ist – und mich TROTZ meines Ichs und TROTZ meines Lebens annimmt (nicht WEIL ich ich bin).

Gott ist quasi so unendlich gnädig, ein bisschen wegzugucken, wenn es darum geht, mich wahrzunehmen.
Diese Gnade ermöglicht es Gott, mich anzunehmen.

Ich bin also nicht wirklich angenommen,
ich bin eher geduldet.

Sobald Gott ihre Augen wieder ganz öffnet, ist es vorbei mit Gottes Liebe zu mir. Also bete ich weiter fleißig und hoffe, dass Gottes Blick auf mich wohlgesonnen bleibt.

Ich bin ja auch schuld daran, dass Jesus sterben musste.

Jesus hat mich nicht angenommen, Jesus ist für mich gestorben.

Ich habe wenige Christen kennengelernt, die dann, wenn Menschen um sie herum sie nicht wertschätzen, einen Jesus haben, der sagt: „Du bist okay!“

Ich habe mehr Christen kennengelernt, die selbst dann, wenn Menschen um sie herum sagen: „Du bist okay!“, einen Jesus haben, der sie anklagt.

Wir sind dann leider sehr konsequent darin, einander so anzunehmen, wie wir meinen, dass Christus uns angenommen hat:
„Ich glaube, dasss Gott mich nur unter bestimmte Bedingungen angenommen hat.
Ich nehme mich selbst nur unter bestimmten Bedingungen an.
Und erst recht nehme ich die um mich herum nur unter bestimmten Bedingungen an.“

Vielleicht können wir heute ein bisschen versuchen, an diesen Bildern zu arbeiten. Manchmal gibt es „Klick-Momente“.
Anderes wird eine Lebensaufgabe sein, manchmal nur machbar mit therapeutischer Begleitung.

Insbesondere Glaubensmuster sind nicht leicht abzulegen. Aber Jesus ist in die Welt gekommen, um uns genau hierbei zu helfen.

Jesus kommt zu uns, zu allen Menschen, ganz bedingungslos, um uns zu befreien von Gottesbildern, in denen Gott fern ist und Bedingungen stellt. Lasst uns also Jesus selbst um Hilfe bitten.

Ich möchte euch im Folgenden drei Schritte anbieten:

1. Gottes Annahme annehmen

Gott: mal angenommen,
ich bin von dir angenommen
– hilf mir, diese Annahme
anzunehmen.

3 Minuten Stille.
Anschließend das Lied: „Dem Gott, der alles Leben gibt“

2. Mich selbst annehmen

Bitte, lieber Gott, gib mir Mut und mehr Sicherheit,
I C H    S E L B S T    Z U    S E I N.
Ich weiß selbst, daß das nicht leicht ist,
weil ich mich ja manchmal selbst nicht leiden kann.
Ich weiß selbst,
dass es für manche nicht leicht ist,
mich zu akzeptieren.
A B E R…
Es gibt und es werden immer Menschen um mich sein,
die mich so lieben, wie ich bin –
du bist auch dabei.
Danke.

(Maria-Josefa Manno)

Stille.
Anschließend das Gebet auf S. 94.

3. Einander annehmen

Mein Gott,
für dich ist jeder Mensch gleich wertvoll,
jede einzelne Person hast du als ein Original geschaffen.

Wie aber gehen wir manchmal miteinander um:
Wir lassen nur unsere eigenen Maßstäbe gelten,
wir lassen und von unseren Bildern der Vergangenheit beherrschen,
wir stehen nicht zu den Grezen unserer Wahrnehmung.

Wir bitten dich:
Befreie uns von der Macht, die solche Einstellungen über uns haben und vergib uns unsere Schuld.
Lass uns erkennen: „Unser Wissen ist Stückwerk“.
Schenke uns Gelassenheit und ein großes Herz im Umgang mit unseren eigenen Grenzen und mit den Grenzen von anderen.
Lass deine Liebe täglich neu durch uns hindurch
zu allen fließen, mit denen wir zu tun haben.
Amen.

(Gisela Schmidt)

Stille.
Anschließend das Glaubensbekenntnis auf S. 80.

 

 

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